«Man ist so alt, wie man sich fühlt.» Daran kann man auch denken, wenn man den vierbeinigen Rentner, mit seiner ergrauten Stirn und der etwas eckig gewordenen Silhouette bei übermütigen Bocksprüngen auf der Weide beobachtet. Ab wann ein Pferd alt ist, lässt sich am Alter aber oft nicht festmachen.
Faktoren wie Haltung, Beanspruchung und Fütterung im zurückliegenden Pferdeleben beeinflussen das Ausmass der Alterserscheinungen. Grundsätzlich aber lassen sich zumeist ab einem Alter von 18 Jahren durch herabgesetzte Stofwechselleistungen und erste Abnutzungserscheinungen am Gebiss veränderte Bedarfswerte feststellen. Auf diese sollte durch eine angepasste Ration eingegangen werden.
Raufutter als Basis
Die allgemeine Empfehlung sieht eine Raufuttermenge von 1,5 - 2 kg Heu je 100 kg Körpergewicht verteilt auf 24 h vor. Diesen Bedarf hat natürlich auch der Pferde-Senior. Aber gerade mit fortschreitendem Alter können mangelnde Zahnsubstanz und fehlende Backenzähne die Heuaufnahme deutlich erschweren. Dann wird die Fütterung von Faseralternativen immer wichtiger oder sogar unerlässlich. So kann es auch notwendig werden, dass irgendwann die gesamte Heuration durch Heuersatzprodukte ersetzt werden muss, um das Pferd noch mit ausreichend Strukturfutter zu versorgen.
Aber nicht nur die mangelnde mechanische Zerkleinerung von Futterbestandteilen, sondern auch die unter Umständen veränderte Resorptionsfähigkeit und Synthese von Nährstoffen im Darm kann im Alter zu einer reduzierten Nährstoffversorgung beitragen. In jungen Jahren ist der Organismus eines gesunden Pferdes in der Lage, Nährstoffe wie beispielsweise B-Vitamine im Darm, aber auch Vitamin C in der Leber selbst zu synthetisieren. Wenn diese Mechanismen im Alter nicht mehr so effizient funktionieren, wird die Fütterung eines Mineralfutters umso wichtiger. Hier sollte dann vor allem auf Produkte zurückgegriffen werden, deren Inhaltsstoffe für den Körper leicht verfügbar sind und somit eine effektive Versorgung gewährleisten. Aussderdem sollte darauf geachtet werden, dass die Mineralfutter eine sinnvolle Zusammensetzung aufweisen, damit es nicht zu einer Unterversorgung einzelner Nährstoffe kommt.
Doch woran erkennt man nun, dass das eigene Pferd eventuell schon eine veränderte Fütterung benötigt?
Wichtig ist hier natürlich die regelmässige Zahnkontrolle. Mindestens einmal jährlich, bei Bedarf aber auch öfter, sollte der Tierarzt die Zähne kontrollieren, um Kanten zu glätten oder auch «Wackelkandidaten» zu entfernen, die beim Fressen Schmerzen verursachen. Ein typisches Bild für Pferde mit Zahnproblemen stellen auch die Heuwickel dar, die sehr deutlich signalisieren, dass das Pferd das angebotene Heu nicht mehr ausreichend zerkleinern kann. Aber auch das aufmerksame Beobachten des Pferdes beim Fressen kann einem Aufschluss darüber geben, wann der nächste Zahnarztbesuch notwendig wird. Ungenügend zerkleinerte Heurationen, die in den Magen-Darm-Trakt gelangen, können dabei nicht nur zu einer reduzierten Energieaufnahme, sondern durchaus auch zu einer Verstopfungskolik (Obstipation) führen. In Kombination mit einer häufig beim älteren Pferd vorkommenden reduzierten Wasseraufnahme entstehen so schnell lebensbedrohliche Situationen. All diese Aspekte machen die regelmässige Zahnkontrolle und eine frühzeitig veränderte Fütterung für den Senior essentiell. Auf diese Weise kann auch einem übermässigen Substanzverlust im Alter entgegengewirkt werden.
Ermöglichen Sie Ihrem Pferdesenior ein normales Leben
Ähnlich wie wir Menschen möchte ein älteres Pferd nicht auf das Abstellgleis abgeschoben werden und nur noch mit anderen älteren Pferden zusammenstehen. Für Pferde im Alter ist der Kontakt zu anderen Pferden unterschiedlichsten Alters innerhalb einer Herde oder besser: auf einer Weide unerlässlich. Hier hat selbst das alte Pferd noch Aufgaben und wird körperlich und geistig von Artgenossen gefordert. Beispielsweise ältere Stuten erfüllen eine Funktion der Tante oder der Oma und wirken so ganz nebenbei an der Erziehung von jungen Pferden mit. Männliche Pferde unterstützen beispielsweise die nachfolgenden Herdenführer und verstrahlen immer noch die Autorität der jüngeren Jahre.
Wie bleibt ein Pferdesenior aktiv?
Es liegt natürlich an Ihnen, wieviel Bewegung Ihr Pferd im Alter noch bekommt. Wichtig dabei ist, dass Sie die Tagesform berücksichtigen. Es gibt nun einmal gute und auch schlechte Tage. Einerseits können gemeinsame Spaziergänge oder Weidegänge ausreichend sein, andererseits darf das Pferd an guten Tagen auch mal ausgeritten werden oder Sie trainieren einfach verschiedene Übungen. Wenn wir also als Pferdebesitzer diese Aspekte berücksichtigen und entsprechend reagieren, können unsere Pferde-Senioren Ihren wohlverdienten Ruhestand geniessen und noch viele schöne Jahre verbringen.
Senior-Check
- Alte Pferde sollten mehrere kleine Futtermahlzeiten über den Tag verteilt bekommen und immer ausreichend Zeit zum Fressen erhalten.
- Achten Sie immer auf ausreichend Wasser, alte Pferde trinken oft zu wenig.
- Ist der Rentner durch fehlende oder abgenutzte Zähne nicht mehr in der Lage, Grundfutter wie zum Beispiel Heu zu fressen, muss mit dem Einsatz von hochwertigen Trockengrünprodukten die Faseraufnahme sichergestellt werden.
- Ausreichend Bewegung ist wichtig für einen dauerhaft gesunden Bewegungsapparat und damit auch für ein langes Pferdeleben.