Bei Pferden sind die Augen seitlich am Kopf angesetzt, was typisch für Fluchttiere ist. So können sie einen sehr weiten Bereich überblicken, ohne den Kopf bewegen zu müssen. Auf plötzliche schemenhafte Bewegungen von der Seite reagieren sie instinktiv mit Flucht. Angst ist ein zunächst angeborener und normaler Zustand und wird über entsprechende Lernprozesse, Erfahrungswerte oder über Beobachtungen der Artgenossen geprägt beziehungsweise verändert. Die Aufzucht, die Haltung und der Umgang mit dem Pferd nehmen daher sehr starken Einfluss auf die Sensibilität der Angstschwelle.
Man tut sich gut daran, den ersten Beschlag eines jungen Pferdes gut zu organisieren und das Tier auf die unbekannte Situation vorzubereiten. Schliesslich kann das Pferd noch nicht wissen was geschieht. Es liegt am Pferdebesitzer und am Hufschmied, das Pferd zu beruhigen und ihm die Angst zu nehmen. Dasselbe gilt genauso, wenn ein Pferd zum ersten Mal im Verkehr bewegt wird, das erste Mal in den Anhänger steigen soll, das erste Turnier bestreitet oder wenn der Tierarzt kommt.
Mit geduldigem Umgang und dem richtigen Fütterungsmanagement kann eine sehr gute Grundlage geschaffen werden. Vor allem junge Pferde sollten dem Alter und der Leistung entsprechend gefüttert werden. Nicht zu viel Energie, damit sie sich nicht schon selbst aufladen. Eine eintönige Haltung kann das Nervenkostüm von Pferden ebenso belasten wie lange Fresspausen. Pferde sind Lauftiere und sind es gewohnt, ihr Futter praktisch rund um die Uhr in kleinen Portionen in Bewegung zu erarbeiten. Ungünstige Raufutterrationen, aber auch Boxenhaltung mit zu wenig Auslauf können ein Pferd stressen. Wird es zugleich unregelmässig und zu wenig bewegt, können sich die Stress-Symptome kumulieren.
Es ist wichtig, Stressfaktoren zu erkennen und entsprechende Massnahmen einzuleiten, um diese zu reduzieren.
Gegen Langeweile kann ein geeignetes Beschäftigungsfutter eingesetzt werden. Hervorzuheben sind Faserprodukte mit viel Struktur, welche für eine lange Beschäftigung sorgen. Gleichzeitig wird durch das stetige Kauen die Speichelproduktion erhöht, was wiederum den Verdauungsprozess positiv beeinflusst.
Stress kann beispielsweise auch dann entstehen, wenn ein Pferd mit zu wenig Training plötzlich eine strenge, sportliche Leistung erbringen muss. In der Folge übersäuern die Muskeln und das Pferd verspannt sich. So entstehen physische Schmerzen, gleichbedeutend mit Stress. In solchen Situationen empfiehlt es sich, die Versorgung mit muskelrelevanten Vitalstoffen wie beispielsweise Kalzium, Magnesium und Vitamin E sicherzustellen und das Pferd bei der Arbeit nicht zu überfordern.
Steht ein erster Besuch vom Hufschmied an oder soll ein Pferd das erste Mal transportiert werden, bietet es sich an, das Nervenkostüm über die Fütterung zu unterstützen. Tryptophan, eine essenzielle Aminosäure, welche eine Vorstufe des Serotonins ist, wird dabei in verschiedenen Ergänzungsfuttermitteln zur Stressminderung eingesetzt. Serotonin wird eine stimmungsaufhellende und beruhigende Wirkung nachgesagt. Grundsätzlich benötigt ein Pferd immer ausreichend Mineralien und Vitamine, damit die Reizweiterleitung im Körper reibungslos abläuft. Hervorzuheben sind insbesondere Magnesium und B-Vitamine. Auch Kräuter wie Melisse, Ginseng und Kamille können den Stresslevel mindern.
Eine Verletzung und die damit verbundene Boxenruhe kann ein Pferd manchmal explosionsartig stressen. In solchen Fällen ist Baldrian ein wahres Wundermittel. Aber Vorsicht, Produkte mit Baldrian sind dopingrelevant! Die Karenzzeit muss unbedingt eingehalten werden.
Ist ein Pferd gestresst, kann sich das auf den Reiter übertragen. In umgekehrter Reihenfolge ist das in der Regel auch so. Stresssituationen verlangen eine hohe Aufmerksamkeit des Reiters. Dieser muss unbedingt Sicherheit vermitteln, denn das beruhigt ein Pferd am meisten.