Als Faustregel gilt, dass ein Pferd pro Tag auf mehrere Portionen verteilt 1.5 – 2 kg Raufutter pro 100 kg (Soll-)Körpergewicht braucht. Die beliebteste und verdauungsphysiologisch für das Pferd am besten geeignete Raufutterquelle ist qualitativ gutes Heu. Alternativ oder ergänzend können auch Stroh oder Haylage Anwendung finden.
Was ist gutes Pferdeheu?
Gutes Pferdeheut ist vorzugsweise von einem späten ersten Schnitt, da sich das Heu dann durch einen hohen Rohfaser-, aber moderaten Proteingehalt auszeichnet, was in der Pferdefütterung erwünscht ist. Der zweite Schnitt ist weicher und blattreicher, weist eine geringere Menge an Rohfaser, dafür mehr Protein auf. Daher ist dieser Schnitt weniger für die alleinige Verfütterung an Pferde geeignet – wenn, dann nur kombiniert mit einem zusätzlichen Faserlieferanten wie Heu vom ersten Schnitt oder gutem Futterstroh. Der dritte Schnitt ist für Pferde nicht geeignet.
Ökoheu ist vom Gehalt her gut für Pferde geeignet. Je nach Wetterbedingen ist es aber stark mit Pilzen befallen. Ausserdem sind Ökoheuflächen oftmals extensiv bewirtschaftet, was das Risiko von Giftpflanzen im Bestand erhöht. Daher muss bei Ökoheu nochmals genauer auf die Qualität geachtet werden.
Folgende Eigenschaften bringt ein qualitativ gutes Pferdeheu mit:
- Geruch: Sehr guter, aromatischer Heugeruch
- Farbe: Wenig verfärbt (grünlich bis bräunlich)
- Struktur: Viele Stängel, Rispen deutlich sichtbar, rau und steif im Griff
- Verunreinigungen: Keine Verunreinigungen, keine Staubentwicklung, kein Schimmel
- Botanische Zusammensetzung: Gräserreicher Mischbestand aus 80 % Gräser (z.B. Knaulgras, Fromental, Wiesenschwingel, Wiesenrispe, Wiesenfuchsschwanz), 15 % Kräuter, 5 % Leguminosen
- Keine Giftpflanzen (Aronstab, Fingerhut, Gundelrebe, Herbstzeitlose, Jakobs-Kreuzkraut etc.)
Stroh
Bei leichtfuttrigen Pferden oder bei EMS kann ein Anteil Heu durch gutes Futterstroh ersetzt werden (Heu/Stroh-Gemisch max. 2:1). Auch hier kann eine sensorische Beurteilung vorgenommen werden, um die Qualität des Strohs zu beurteilen:
- Geruch: typischer Strohgeruch
- Farbe: gelb bis gelblich, glänzend
- Struktur: mässig hart, viele Blätter, wenig Halme
- Verunreinigungen: Keine Verunreinigungen, keine Staubentwicklung, kein Schimmel, keine Unkräuter
Haylage und Silage
Wie beim Heu sollte auch bei Haylage (auch Heulage genannt) oder Silage der erste Schnitt verwendet werden, da dieser von den Gehalten am besten passt. Bei Haylage werden die Wiesenbestände mit einem TS-Gehalt von 55 – 70 % gemäht und luftdicht in Folie abgepackt. Anschliessend müssen die Haylage-Ballen 4 – 6 Wochen gelagert werden, bevor sie verfüttert werden können. Haylage enthält einen ähnlichen Rohfasergehalt wie Heu und ist bei guter Qualität gleichzeitig staubfrei, da sie einen höheren Feuchtigkeitsgehalt aufweist. Dadurch ist sie sehr gut für Heustauballergiker geeignet. Durch die Gärprozesse wird von den Mikroorganismen in der Haylage mehr Zucker verbraucht, wodurch dieser Gehalt oftmals tiefer liegt als im Heu und somit für leichtfuttrige oder übergewichtige Pferde eine Alternative zu Heu darstellen kann. Nachteilig an Haylage ist, dass sie nach dem Öffnen innerhalb von maximal 2 Tagen verfüttert werden muss. Besonders im Sommer besteht bei offener Haylage ein erhöhtes Risiko für schädliche Nacherwärmung oder Schimmelpilzbefall. Ausserdem ist die Gefahr von bakteriellen Krankheitserregern wie Listerien oder dem Toxin Clostridium Botulinum (Auslöser der Krankheit Botulismus) höher als bei Heu.
Gute Haylage kann an folgenden Merkmalen erkannt werden:
- Geruch: angenehm säuerlich, aromatisch, kein Buttersäure- oder Röstgeruch
- Farbe: grünlich bis bräunlich-gelblich
- Struktur: viele Stängel, Rispen sichtbar, Struktur der Pflanzen wie im Ausgangsmaterial
- Verunreinigungen: keine Verunreinigungen, kein Schimmel oder Erdbesatz sichtbar
Silage ist in der Pferdefütterung eher ungeeignet. Einerseits wird für die Herstellung von Silage oftmals ein früherer Schnitt gewählt, da sich dieser besser pressen lässt und so die Gärvorgänge besser ablaufen können. Der frühere Schnitt enthält jedoch höhere Energie- und tiefere Rohfasergehalte, was für die Pferdefütterung weniger geeignet ist. Bei empfindlichen Pferden kann der tiefe Rohfaser- und der hohe Säuregehalt zu Verdauungsstörungen wie Kotwasser oder Durchfall führen. Wird ein später erster Schnitt siliert, welcher längere und ligninhaltigere Stiele beinhaltet und für die Pferdefütterung somit geeigneter wäre, wird der Pressvorgang erschwert. Dies kann z.B. zu Fehlgärungen und Schimmelpilzbildung führen, wodurch es unter keinen Umständen mehr verfüttert werden darf. Andererseits ist auch der tiefe TS-Gehalt der Grassilage für Pferde ungeeignet. Das Risiko von bakteriellen Krankheitserregern, wie es bei der Haylage beschrieben wurde, ist bei der Silage ebenfalls vorhanden.
Vorsicht Frühlingsweide
Aus Sicht der Fütterung ist die Weide für Pferde grundsätzlich sehr gut geeignet. Sie können ihrem natürlichen Verhalten nachkommen und über längere Zeit mehrere kleine Portionen Raufutter fressen. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Zusammensetzung der Weidebestände sowie deren Alter einen grossen Einfluss auf die Nährstoffgehalte haben. 1 kg Frischsubstanz von jungem Frühlingsgras hat vor dem Rispenschieben rund 2 % verdauliches Protein, 2 MJ verdauliche Energie und 4 % Rohfaser. Der gleiche Bestand enthält am Ende der Blüte noch rund 1.5 % Protein, 2.3 MJ Energie, dafür ca. 7 % Rohfaser. Entsprechend muss die Weidezeit in jungem Frühlingsgras beschränkt werden.